Camino de Santiago

Mein Jakobsweg mit dem Fahrrad



Von Commercy nach Germay

Peter Thomas

aus Siegburg



7. Tag
Montag 24.06.2002


Nach dem Frühstück in die Werkstatt: Der Lowrider ist erwartungsgemäß irreparabel und ein entsprechendes Ersatzteil gibt es in Frankreich nicht, müsste in Deutschland bestellt werden. Und wie lange die Lieferung selbst mit einem Expressdienst dauern würde? Und ob das Ding dann passen würde? Also Suche nach einer großen Hecktasche: Gibt es in Frankreich (zumindest hier in der Provinz) aber auch nicht.

Ich baue dann die beiden Fronttaschen (die ja immerhin wasserdicht sind) so um, dass ich sie am hinteren Gepäckträger einhängen kann und kaufe dann in einem Supermarkt eine 80cm-Reisetasche, die ich mit Gummibändern hinten quer über den ehemaligen Fronttaschen befestige. Diese Konstruktion fasst zwar mehr Gepäck als meine bisherige Hecktasche, aber bei Weitem nicht Alles, was ich so dabei habe.

Zum dritten Mal reduziere ich also mein Gepäck auf das absolut notwendige Maß, trenne mich von einem Teil der Wechselwäsche (muss ich halt öfter waschen), fast der gesamten Fotoausrüstung (behalte nur die Kamera mit einem 28mm-Objektiv), der Kochausrüstung und leider auch von fast allen Büchern. Die ganzen ausgesonderten Teile packe ich in die alte Hecktasche und ziehe damit zur Post, um den Kram nach Hause zu schicken. Nächstes Problem: Das größte Postpaket ist zu klein! Aber der nette Postbeamte, der mir meine Verzweifling wohl anmerkte, findet dann noch irgendwo im Hinterzimmer einen größeren, gebrauchten Karton, in den dann Alles hineinpasste. Mit einer Unmenge Klebeband verstärkt bringt dieser mein Übergepäck hoffentlich sicher nach Siegburg. Teuer genug ist es jedenfalls (38 €).

Endlich, um vierzehn Uhr geht es wieder auf die Straße. Clairveau ist nicht mehr realistisch, aber vielleicht komme ich bis Joinville? Ich genieße eine schöne, recht leichte Fahrt (Rückenwind? Sanftere Steigungen? Auswirkung des Ruhetags? Oder macht das bisschen weniger Gepäck soviel aus?) entlang des Marne-Rhein-Kanals auf fast autofreien Straßen. Es ist auch nicht so heiß heute.

Am späten Nachmittag, etwa 17 km vor Joinville, mache ich Kaffepause an einem kleinen Gasthof, wo ich gleich von anderen Gästen und der Wirtin in ein Gespräch über meine Reise verwickelt werde. Besonders den Kindern hat es mein 'Riesenfahrrad' angetan. Wieviele Kilometer ich denn so täglich fahre? Wie ich mich verpflege? Was ich bei Regen mache? etc, etc, etc.

Bei der Frage nach meinen Übernachtungsgewohnheiten schaue ich auf die Uhr, und überlege, ob ich wirklich noch weiterfahren will, um einen Campingplatz zu suchen. Ich habe heute in dieser dünn besiedelten Gegend noch keinen einzigen gesehen, und die Karte verzeichnet auch keinen in Joinville. Eigentlich ist es ja auch schon recht spät, und wahrscheinlich kommt doch lange kein Campingplatz mehr. Außerdem ist dieser kleine Gasthof wirklich gemütlich! Und so frage ich nach einem Zimmer und bleibe. Zum Abendessen gibt es leckeren Schweinebraten mit Bohnen, vorher eine kleine Wurstplatte mit Rohkost, hinterher Käse und Eis. Alles sehr billig, auch das Zimmer.

Nach dem Abendessen Kartenstudium: Ich will ja nicht über Vezelay fahren, sondern zur Loire und dann den sogenannten Pariser Weg nach Süden nehmen. Um die Loire zu erreichen, muss ich jetzt aufpassen, nicht zu weit nach Süden zu geraten. Ich werde also Tonnere links liegen lassen und von Clairveaux aus ziemlich direkt westlich fahren über St.Florentin - Joigny - Chatillon­Coligny - (südlich an Montargis vorbei) - Sully/Loire nach St.Benoit/Loire.



Tagesstrecke 54 km