Camino de Santiago

Mein Jakobsweg mit dem Fahrrad



Von Azofra nach Burgos

Peter Thomas

aus Siegburg



27. Tag
Sonntag 14.07.2002


So gut wie hier in der frischen Luft unter dem Sternenhimmel habe ich lange nicht mehr geschlafen! Es war überhaupt nicht kalt, einfach nur angenehm und ruhig, keine Schnarcher, kein Frühaufsteher-Geraschel. Ich stehe um sechs Uhr auf, frühstücke in der Bar vom gestern Abend und fahre um acht Uhr los.

Weil die Etappe bis Burgos mit 85 km recht lang und wegen des anstehenden Passes (1150 müM) wohl auch recht anstrengend sein wird, weil heute Sonntag ist, und ich deswegen vermute, dass der Autoverkehr nicht so stark sein wird, entscheide ich mich gegen den Fußweg und für die Nationalstraße N120. Es läuft ganz gut, auch wenn gegen Mittag sowohl der Verkehr (LKW-Fahrverbot scheint es in Spanien nicht zu geben) als auch der Wind stärker werden. Der Wind wird regelrecht etwas gefährlich, da er böig von Norden, also von der Seite kommt und mich jedesmal leicht auf die Haupt-Fahrbahn drückt, wenn ich nicht aufpasse. Aber die Straße ist hervorragend ausgebaut, mit einem breiten und glatten Seitenstreifen, sodass ich gut vorankomme.

Die letzten drei Kilometer vor dem Pass schiebe ich (6% Steigung). Ich besichtige unterwegs nichts, denn ich will nicht zu spät in Burgos ankommen und wieder nur ein Notquartier erhalten.

Ich erreiche die schöne mitten in einem Park gelegene Herberge gegen vier Uhr nachmittags. Die Herbergsmutter fragt als erstes, wie es mir gehe, und ich antworte wahrheitsgemäß, dass es mir gut geht. Aber sie hakt nach, sie meine die Frage nicht als Begrüßungsfloskel, sondern ehrlich und sie wolle wirklich wissen, wie es mir ginge. Als ich ihr nochmals bestätige, dass ich zwar müde, aber okay sei, ist sie zufrieden. Ich erhalte eines der letzten noch freien Betten, Glück gehabt!

Angenehme Überraschung: Ein paar Lieferwagen fahren vor und laden kostenloses Essen für alle Pilger an, Brot, Würste (Spezialität der Region) und Wein, gestiftet von den Santiagofreunden aus Burgos. Man hört, dass Burgos sich rühmt, die gastfreundlichste Stadt am Jakobsweg zu sein, und da scheint was dran zu sein!

Am Abend gibt für alle Pilger noch eine ebenfalls kostenlose Stadtrundfahrt in einem Minizug. Dabei ist auch Zeit für eine Besichtigung der Kathedrale und einen Abstecher zum Aussichtspunkt über der Stadt, von wo man einen schönen Blick hat über die Stadt und weit ins Land nach Osten, von wo ich herkomme.

Nach der Rückkehr zur Herberge esse ich noch eine Kleinigkeit in einer nahen Bar, aber so richtigen Hunger habe ich nicht.

Zapfenstreich in der Herberge ist um viertel nach zehn. Und das heißt hier, dass die Tür abgeschlossen und das Licht ausgeschaltet wird, also wirklich Ruhe herrscht.



Tagesstrecke 86 km