Camino de Santiago

Mein Jakobsweg mit dem Fahrrad



Von Burgos nach Calzadilla de la Cuerzo

Peter Thomas

aus Siegburg



28. Tag
Montag 15.07.2002


Ab halb fünf wieder die Knistertüten! Aber heute kann ich sie etwas besser ignorieren, schlafe bis sieben. Da ich gestern Abend im Dunkeln alle meine Klamotten einfach in die große Tasche gepackt hatte, herrscht dort ein ziemliches Durcheinander und ich muss erst einmal draußen mein gesamtes Gepäck neu sortieren. In einer Bar in der Nähe bekomme ich ein Frühstück (bzw. das, was man hier so unter Frühstück versteht; ich werde mich nie an die spanische Art des Frühstücks gewöhnen, immer nur dieses scheußlich süße Weichgebäck, meist mit einer klebrigen Schokoladenpaste!). Um acht Uhr bin ich wieder auf dem Weg.

Ab Burgos entfernt sich die N120 ziemlich weit vom Jakobsweg. In dessen Nähe scheinen auch keine kleineren Straßen zu liegen, und da ich befürchte, dass der Fußweg auf längere Strecken doch nicht gut befahrbar ist, entschließe ich mich, auf der Nationalstraße weiterzufahren, also ein gutes Stück nördlich des eigentlichen Camino. Aber ich will 'Kilometer fressen', ich habe ja fast keine Zeitreserven.

Es ist am Morgen ziemlich kalt, ich fahre zuerst sogar mit Fleece-Jacke, was dann aber wiederum zu warm ist, also fahre ich dann doch wieder hemdsärmelig. Nach zwanzig Kilometern mache ich Pause in einem Café, wo es Schinken-Bocadillos gibt, herrlich!

Heute geht ein strammer und gleichmäßiger Ostwind, sodass das Fahren sehr angenehm, leicht und schnell geht. Meist fahre ich in der ebenen Campa im siebten Gang mit gut 30 km/h, manchmal 'segele' ich einfach mit 20 km/h ohne Treten kilometerweit vor dem Wind. Das also meinten die Seefahrer seinerzeit mit 'günstigen Winden'!

Mein angepeiltes Tagesziel (Carillon de los Condes) erreiche ich bereits kurz nach zwei Uhr, und ich fahre nach einer kurzen Pause weiter, jetzt wieder auf dem richtigen Camino. Dieser ist hier eine steinige, ebene Piste, die schnurgerade durch endlose Felder und einsame Landschaft führt. Ich will noch ein wenig Strecke gewinnen, denn morgen möchte ich unbedingt Calzadilla de los Hermanillos erreichen, wo es laut Führer eine Herberge mit Waschmaschine gibt.

Das Fahren auf der Piste geht ganz gut. Ich muss natürlich darauf achten, keine dicken und spitzen Steine zu überfahren, und durch die Vibrationen, die trotz Federung auf meine Arme übertragen werden, zittern mir noch Minuten nach dem Anhalten die Hände. Aber die Technik hält, kein Plattfuß, keine gebrochene Speiche.

Um sechzehn Uhr erreiche ich die Herberge in Calzadilla de la Cuerza, und - welch freudige Überraschung - hier gibt es auch eine Waschmaschine! Ich reihe mich in die dazu gehörige Warteschlange ein und bin schon nach einer knappen halben Stunde an der Reihe.

Die Wäsche ist nur ein Teilerfolg: Da während der letzten Waschgänge die Wasserversorgung (wohl des ganzen Dorfes) ausgefallen war, ist die Spülung nicht ganz perfekt. Dank einer extrem kräftigen Schleuder ist die Wäsche aber trotzdem erheblich sauberer als vorher, jedenfalls besser als nach der sonst auf meiner Reise üblichen täglichen Hangwäsche.

Abendessen bekomme ich in der (einzigen?) Bar des Dorfes, ein Menu mit Forelle für 9€. Verglichen mit Frankreich ist das Leben hier wirklich preiswert.

Um zweiundzwanzig Uhr wird in der Herberge das Licht ausgemacht, gemäß der Hausordnung ist Nachtruhe bis sechs Uhr dreißig, im Interesse einer ausreichenden Nachtruhe ist es ausdrücklich untersagt, vorher aufzustehen.



Tagesstrecke 100 km