Camino de Santiago

Mein Jakobsweg mit dem Fahrrad



Von Monte do Gozo nach Santiago

Peter Thomas

aus Siegburg



35. Tag
Montag 22.07.2002


Ich hatte eine schlechte Nacht: Durchfall, Erbrechen, Durst. Lag von ein bis drei Uhr wach, habe dann aber nochmal bis halb acht geschlafen.

Ich bin außerordentlich schwach, kann mich kaum auf den Beinen halten.

Ich trinke noch eine Flasche Mineralwasser.

Es regnet.

Das Packen ist eine Qual, ich bin total neben der Rolle.

So habe ich mir den Einzug in Santiago nicht vorgestellt!

Gegen zehn Uhr hört der Regen auf, ich packe die Taschen ans Rad und fahre los. Es sind ja nur noch fünf Kilometer bis zur Kathedrale, und es geht hauptsächlich bergab. Aber mehr würde ich auch gar nicht schaffen in meinem Zustand!


Gran Compostella


Die Kathedrale von Santiago de Compostela

Und ich erreiche Santiago, stelle mich am Pilgerbüro an, um mich registrieren zu lassen und meine Urkunde zu erhalten. Das Warten ist mir fast unerträglich, ich kann kaum stehen, so schwach bin ich.

Schließlich ist das Offizielle erledigt, und ich nehme ein Zimmer im erstbesten Hostal ganz in der Nähe, keine 50 m von der Kathedrale entfernt: Eine kleine fensterlose (und deswegen sehr ruhige) Kammer für zwanzig Euro. Ich bin einfach zu schwach für eine Suche nach was Besserem, und außerdem habe ich die Gemeinschaftsunterkünfte mittlerweile doch ein wenig satt.


Blick vom rechten Seitenschiff zum Hochaltar mit dem Butafumeiro

Ich schlafe ein Viertelstündchen und gehe dann zur Pilgermesse um zwölf Uhr. In der Kathedrale herrscht ein fürchterlicher Rummel, der sich aber zur Messe ein wenig beruhigt. Am Ende der Messe, in der die Pilgergruppen und die Einzelpilger explizit und namentlich begrüßt werden, wird sogar der berühmte butafumeiro, dar wohl größte Weihrauchkessel der Welt, unter festlicher Orgelbegleitung in Betrieb genommen. Es herrscht eine extrem gefühlvolle Stimmung, wir Pilger liegen uns in den Armen, feiern das Erreichen des Ziels, begrüßen und verabschieden uns - vergessen sind die Strapazen der vergangenen Wochen. Es ist schon ein erhebendes Gefühl am Ende der langen Fahrt.

(Und die Touristen fotografieren.)

Am Nachmittag schlafe ich drei Stunden wie tot, danach geht es mir besser. Zum Bier in der Bar vor dem Hostal gibt es etwas Knabberei und Oliven, ich kann nicht widerstehen, etwas davon zu essen und ich vertrage Alles gut.


Das Innere der Kathedrale

Dann kümmere ich mich um die Heimfahrt.

Auskunft im Pilgerbüro: Alsa hat in der Tat zum 01.07.2002 den Fahrradtransport eingestellt und stattdessen Toiletten in die Busse eingebaut (sic!). Na ja, wenn ich mir dreißig Stunden Busfahrt ohne Bordtoilette vorstelle, wäre auch suboptimal! Andererseits, wie mag die Toilette nach dreißig Stunden Busfahrt aussehen?

Es gibt aber einen vom Pilgerbüro in Zusammenarbeit mit VIA Galicia organisierten Radtransport in die Heimat, ohne feste Terminzusage und zu einem Preis von fast 150 Euro. Dazu kommt das Busticket zu 144 Euro. Die Fahrt mit der Bahn würde ca. 180 Euro kosten, zu den infrage kommenden Terminen ist aber bereits alles ausgebucht.

Da ziehe ich es doch vor, das Angebot der Iberia-Fluggesellschaft in Anspruch zu nehmen und für 339 Euro via Madrid nach Düsseldorf zu fliegen. Iberia gibt nämlich auf die Vorlage der Gran Compostela einen ganz erheblichen Rabatt auf den Flugpreis und nimmt das Fahrrad kostenlos im Flieger mit. So ist der Flug kaum teurer als die Kombination Bus+Spedition.

Nach dem Buchen des Flugs bummele ich noch ziellos durch die Altstadt (Atmosphäre schnuppern) und esse zu Abend ein Tellergericht mit Hähnchensteak, was mir ganz gut zu bekommen scheint. Es geht wieder aufwärts mit mir!


Mein Credencial: Für jeden Tag der Fahrt ein Stempel






Tagesstrecke 5 km